Dienstag, 11. Dezember 2018

Parkschein mit drei Leben

Als ich glücklich mit meinem Auto in einen der wenigen Parkplätze auf der Juliuspromenade einschwenke, steht auch schon ein junger Mann neben mir und schenkt mir seinen Parkschein, auf dem noch fast eine Stunde Zeitguthaben ist. Ich freue mich sehr, denn so lange werde ich nicht brauchen. Und tatsächlich bin ich schon nach einer halben Stunde zurück. Der Parkschein zieht noch ein Auto weiter, denn zufällig sehe ich beim Abfahren, wie eine junge Frau zum Automaten läuft. Sie freut sich genau wie ich über das kleine Stückchen Papier zum Umsonstparken in bester Lage.

Montag, 10. Dezember 2018

Weihnachtsmarkt 2

Begegnungen auf dem Weihnachtsmarkt:
Ein Familienvater hat an einer Hand sein Kind, und unter den anderen Arm hat er sich einen riesigen Holzstern geklemmt.
In einer Gasse kommt eine junge gut gelaunte Frau auf uns zu. Sie streckt uns ein dackelgroßes Rentier aus Ästen entgegen und ruft fröhlich: "Das ist Berta!"

Sonntag, 9. Dezember 2018

Weihnachtsmarkt 1


Im kleinen fränkischen Städtchen wird fleißig renoviert und gebaut. 
Pech für die Organisatoren des romantischen Weihnachtsmarkts. Aber sie lassen sich nicht lumpen und verzieren die Baustellenschilder mit einem prächtigen goldenen Engel. 

Samstag, 8. Dezember 2018

Bei Rot über die Kreuzung

...eilen sie, kommen natürlich unter die Räder. Keiner bremst. Egal. Platt waren sie schon zuvor. Sie wirbeln hinter dem Auto munter weiter. Oder doch lieber zurück? Nein, ein Tänzchen mitten auf der Kreuzung, das ist es doch! Und dann - husch - treibt der Herbstwind seine Blätterherde weiter die Straße entlang.

Dienstag, 4. Dezember 2018

Regenbogen

Wolken, Sonne und Regen wechseln sich ab. Auf der Fahrt einen langen Berg hinauf habe ich die Sonne genau im Rücken. Plötzlich sind beide Enden des Regenbogens, den ich schon eine Zeitlang bestaune, rechts und links der Straße neben dem Auto und begleiten mich im selben Tempo, so dass ich es nicht schaffe, unten hindurch zu kommen. Ein magischer Moment, der leider im schattigen Wald endet.

Mittwoch, 21. November 2018

ein Augenblick

Beim langsamen Bummeln durch die Gassen Brügges schaue ich die schönen Fassaden der alten Backsteinhäuser an, von denen jedes anders ist und doch zu seinen Nachbarn passt. Plötzlich trifft mein Blick auf den eines Manns im ersten Stock, der aus dem Fenster das Treiben in den Gassen betrachtet. Er prostet mir mit einer Dose zu, ich lächele kurz zurück - und schon ist der Augenblick vorbei.

Dienstag, 20. November 2018

Überwintern

Auf dem Dach des Margarethenhauses in Damme sitzt ein Storchenpaar in seinem Nest, die Hinterteile in den kalten Novemberwind gedreht, die Schnäbel im Gefieder vergraben. Nur ab und zu ziehen sie sie gleichzeitig heraus, legen die Köpfe in den Nacken und klappern laut.

Montag, 19. November 2018

Kurze Hosen

Der Fahrer mit dem Strohhut hat einen Bruder an der belgischen Küste. Der hat seine kurzen Sommerhosen noch gar nicht ausgezogen. Er hält sich an seinem Fahrrad fest, während er durch die Straßen von De Haan wandert und sich mit kleinen Lauten Mut macht.

Samstag, 17. November 2018

Summer reloaded

Der weißhaarige und zufrieden vor sich hinlächelnde Fahrer des Transporters verlängert auf eigene Faust den Sommer: er behält seinen Strohhut einfach auf und ersetzt ihn auch bei knapp über null Grad nicht durch eine Wollmütze.

Dienstag, 13. November 2018

Vater

Der gar nicht mehr ganz so junge Vater kann es kaum erwarten, seine Familie zu sich zu holen. Mit einer Autobabyschale in der einen und einem Geschenk für die Schwestern in der anderen Hand läuft er mit langen Schritten die Treppe zur Entbindungsstation hinauf.

Sonntag, 11. November 2018

Klimawandel

Das kleine Mädchen macht mit ihren Eltern einen Sonntagsspaziergang in der Novembersonne. Plötzlich ruft sie ganz entzückt: "Guck mal! Ein Smetterling!"

Freitag, 9. November 2018

Jung geblieben

Kurz vor Schulbeginn ist sie auf dem Bürgersteig unterwegs: unter ihren Füßen ein Skateboard, über ihrer Schulter hängt lässig eine Messengertasche, und sie tippt gleichzeitig auf ihrem Handy herum. Die sportliche Dame ist deutlich älter als 50 Jahre.

Dienstag, 6. November 2018

Skelette

Auf dem Bergrücken tauchen aus dem Nebel die schwarzen Skelette der Sonnenblumen auf. Sie stehen in Reih und Glied und lassen die schweren Köpfe hängen.

Mittwoch, 31. Oktober 2018

Am Abend vor Allerheiligen

... sind die einen gerade fertig mit dem Schmücken der Gräber, andere kehren vor dem Feiertag sorgfältig das Laub auf der Straße weg, während auf dem Gehsteig gegenüber kleine schwarze Hexen und Vampire sich für die abendliche Jagd nach Süßigkeiten fertig machen.

Montag, 29. Oktober 2018

Beinahe fliegende Teppiche

Im Möbelgeschäft verbindet eine lange gewundene Rutsche aus schönem Holz das Erdgeschoß und die erste Etage. Oben liegt ein kleiner Stapel Flickenteppiche, auf die die Kinder sich setzen sollen, wenn sie rutschen. Jedes breitet also mehr oder weniger sorgfältig seinen Teppich aus, setzt oder wirft sich darauf und saust hinunter. Mit ein wenig mehr Tempo könnten sie vielleicht abheben und durch die Lüfte fliegen. So aber schleifen sie ihren Teppich hinter sich her wieder nach oben für den nächsten Start.

Samstag, 20. Oktober 2018

Fliegen

Ein leichter Stupser mit beiden Füßen gleichzeitig, während ich alle Willenskraft zusammen nehme, und schon hebe ich ab und fliege. Unter mir gleiten die Dächer der Häuser und Schuppen einer kleinen Stadt vorbei, bis der Garten in Sicht kommt, in dem der Wohnwagen steht. Noch eine Runde im Sinkflug, und ich lande sanft auf der morgenfeuchten Wiese. Aus dem Wohnwagen hole ich Tisch und Stühle fürs Frühstück und wundere mich erst nach dem Aufwachen über meine Fähigkeiten.

Montag, 15. Oktober 2018

Der Morgen danach

Auch wenn sie verloren haben, lächeln sie heute Morgen noch tapfer von den Plakaten: die Politiker.

Dienstag, 9. Oktober 2018

Sänger

Quer durch die Bahnhofshalle laufen mit rhythmischen Schritten zwei Teenager. Beide singen miteinander ihren Lieblingsrap, ohne Unterstützung von Stöpseln in den Ohren. Sie sind gut drauf, und es ist ihnen keine Spur peinlich, dass sie Aufmerksamkeit auf sich ziehen. Ob sich ihre Musiklehrerin genauso über sie freuen würde wie ich?

Hochzeit 2.0

Vor der malerischen Kulisse des Schlosses Hallwyl steht ein frisch getrautes Hochzeitspärchen im Grünen und schaut glücklich in den Himmel.
Über ihnen kreist die Drohne des Fotografen und bestimmt die Richtung ihrer Blicke.

Sonntag, 7. Oktober 2018

Begegnung mit Rosina

Auf dem Spazierweg vom Hallwiler See zurück zum Schloß spricht mich eine ältere kleine Frau an, der ich beim Entgegenkommen zugenickt hatte. Sie erzählt mir auf Italienisch, sie heiße Rosina und sei zu Besuch bei ihrem einen Sohn, der andere lebe in Milano. Dort würden sie auf dem Rückweg noch vorbeifahren. Sie lebe bei ihrer Tochter in Genova, die sich gut um sie kümmern würde. Wie alt sie wohl sei? Ich tippe auf um die siebzig, da lacht sie erfreut und zeigt 88 mit den Fingern. Sie fragt mich nach meinen Kindern und den Gehstöcken, aber leider reichen meine Italienischkenntnisse nur zum Verstehen. Trotzdem ist sie so gerührt, dass sie mich bittet, ob sie mir einen Abschiedskuss geben darf. Sie zieht meinen Kopf zu sich hinunter und drückt mir zwei feste italienische Mammaküsse auf die Backen.

Samstag, 6. Oktober 2018

Straßenmusikantinnen

Neben dem Rathaus in Würzburg gruppieren sich plötzlich sechs junge Studentinnen, stellen einen umgekehrten Melonenhut vor sich und beginnen dreistimmige Lieder zu singen. Die Passanten haben an diesem sonnigen Herbstsamstag genug Muße und hören ein paar Minuten zu, die meisten lassen auch eine Münze in den Hut fallen.

Freitag, 5. Oktober 2018

Herbstbeginn

Während wir in der Pizzeria essen, können wir aus dem Fenster beobachten, wie eine Angestellte die Sommerbepflanzung aus den Kästen der Terrasse ausgräbt und Stück für Stück im Auto verstaut. Vielleicht möchte sie die Stauden in einem kühlen Keller überwintern lassen.

Donnerstag, 4. Oktober 2018

Kontraste

Auf dem Frankfurter Flughafen warte ich auf die Anzeige des Gates, um durch die passende Sicherheitskontrolle zu gehen. Gegenüber der Shop von Victoria's Secrets mit Luxusunterwäsche und Beauty-Artikeln, die einige wohlhabende Damen begutachten. Neben mir ein Abfalleimer, der in der kurzen Zeit von einem halben Dutzend Flaschensammlern untersucht wird.

Mittwoch, 3. Oktober 2018

Dombesucher

In den Dom von Riga zieht eine kleine Prozession ein: vorneweg eine Erzieherin, die ein Seil hält, hinter ihr acht sehr junge Kinder, noch nicht sehr sicher auf ihren Beinchen. Sie halten sich brav an den ins Seil geknüpften Halteschlaufen fest. Eine andere Kindergärtnerin folgt mit dem Ende des Seils. Im Kreuzgang angekommen, dürfen sie loslassen und spielen mit den Steinchen dort und betrachten voller Freude die Blumen, zwei halten sich an Bällen fest.

Montag, 1. Oktober 2018

Wo liegt Riga?

Aus jeder Bar dringt mehr oder weniger laute Musik, während man durch die Kungu iela läuft. Gleichzeitig hört man "My heart ist in Havanna" und Smetanas "Moldau", so dass ich kurz überlegen muss: wo bin ich gerade?

Samstag, 11. August 2018

fehlende Zähne

Am Strand von Pedra do Sal wird es langsam Abend. Trotzdem sind noch viele im Wasser und springen über die Wellen. Etwas abseits sitzt auf den Felsen eine stolze Großmutter mit ihrer zehnmonatigen Enkelin und schaut dem Treiben auf dem Strand zu. Da nähert sich den beiden der Großvater, und das kleine Mädchen beginnt zu zappeln und zu strahlen, genau wie ihr Opa. Und genau wie er hat sie nur ganz wenige Zähne im Mund.

Freitag, 10. August 2018

Feinschmecker

Im Hafen von Camariñas komme ich mit einem passionierten aber erfolglosen Fischer ins Gespräch, weil ich wissen möchte, wie die großen Fische im Hafenbecken heißen. Er berichtet mir, dass die Einheimischen sie "mújeles" nennen. Leider scheinen sie richtige Feinschmecker zu sein, denn alle Köder, die er ihnen schon vor die Nasen hängte, verschmähten sie. In drei Jahren hat er nur zwei Fische gefangen. Immerhin hat aber eine geduldige Frau bei ihm "angebissen", die sein Hobby mit trägt.

Donnerstag, 9. August 2018

Man spricht Deutsch

Am Ende unseres Reisetags kehren wir in die Pizzeria von Vimianzo ein, die so etwas wie der örtliche Treffpunkt zu sein scheint. Eine sehr lebhafte junge Kellnerin bedient uns und kramt höflich die Reste ihres Schuldeutschs hervor, viel mehr als "Guten Abend" und "bitte" und "danke" weiß sie nicht mehr. Sie erklärt (auf Spanisch), der Unterricht sei leider nicht so praktisch ausgerichtet gewesen. Was fehlt, macht sie mit ihrer Ausstrahlung, Energie und ihren Gesten aber zweimal wett.